Kirche und Amt – Wege in die Zukunft  
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Vertalingen: Nederlands Deutsch 
Dr. Gerard Zuidberg
19/5/09

  Kreative Treue und / oder Grenzüberschreitung?  Zur Situation in den Niederlanden

Was ist los in den katholischen Niederlanden?

Ich nenne zuerst eine Anzahl Fakten: 
In der Untersuchung „Gott in den Niederlanden“ wird Folgendes festgestellt:  16% der niederländischen Bevölkerung sind römisch-katholisch, 14% sind Mitglieder der Protestantischen Kirche, 9% haben sich einer andern religiösen Gruppierung angeschlossen, und 61% der gesamten Bevölkerung sind nicht-kirchlich. Bei der Kirchenmitgliedschaft geht es vor allem um Menschen, die älter sind als 55 Jahre. 16% der Kirchenmitglieder gehen regelmässig in die Kirche, 14% gehen manchmal, 23% höchstens einsetzt sich ein für die inhaltliche Entwicklung des Amtes, für die Förderung der  Professionalität und für die Berufsinteressen (faktisch eine Aufgabe, welche auch die Gewerkschaften wahrnehmen). Die meisten Bistümer waren zu Beginn heftig gegen diesen Verband, vor allem, weil es sich um eine „gemischte Bewegung“ handelt, in welcher Priester und Pastoralassistent/ innen ebenbürtige Mitglieder sind. Allmählich entstand in gewissen Bistümern etwas mehr Raum für Gespräch und Beratung, vor allem bezüglich Berufsinteressen.

4. Innerhalb der Kirchen haben die Freiwilligen einen besonderen Platz.

Fast die Hälfte der halben Million Katholiken, die regelmässige Kirchgänger/innen sind, sind ehrenamtlich oder freiwillig tätig. Pro Pfarrei gibt es im Schnitt 170 Freiwillige auf einen Berufstätigen (Priester, Diakon oder Pastoralassistenten/in). Die Pfarrei kann in dieser Hinsicht zu Recht als Freiwilligenorganisationbezeichnet werden. Die Mehrheit der katholischen Freiwilligen sind Frauen (60%), und die Hälfte aller Freiwilligen sind älter als 57 Jahre.Die Arbeit dieser Freiwilligen geschieht vor allem in unterstützenden und ausführenden Aufgaben. Viele sind schon seit mehr als 10 Jahren tätig. Die Rolle, die Freiwillige sich selbst zuschreiben, ist vor allem „günstige Voraussetzungen und Bedingungen schaffen“. Das heisst, sie sind ausgerichtet auf Aufgaben,welche für die Existenz der Pfarrei notwendig sind und die Arbeit Anderer (zum Beispiel Seelsorgender) ermöglichen. Man setzt sich vor allem für die Sonntagsliturgie ein und für alles, was damit zusammenhängt: das Kirchengebäude,die Liturgie und den Kontakt mit anderen (wobei wiederum die Liturgie oft eine grosse Rolle spielt), die Katechese rund um Erstkommunion und Firmung. Freiwillige sind fast ausnahmslos treue Kirchgänger/innen. Daher kommt es bisweilen vor, dass die Gruppe der Freiwilligen praktisch identisch ist mit der Gruppe der Kirchgänger/innen. Weil die Gruppe der Kirchgänger/innen am Überaltern ist, gilt dies auch für die Gruppe der Freiwilligen. Es fällt auf, dass im Vergleich zum Engagement für die Liturgie das Engagement für die kirchliche Diakonie ziemlich gering ist.Ferner ist festzustellen, dass ziemlich viel Freiwillige auch auf gesellschaftlichem Gebiet aktiv sind: als Ehrenamtliche im Spital oder im Pflegeheim, in einem Hospiz, in der Begegnung mit Migrantinnen und Migranten.

5. Aus den Untersuchungen wird ersichtlich, dass die katholischen Freiwilligen „treu und kritisch“ sind:

Sie sind Träger des katholischen Netzwerks, es ist eine gläubige und kirchliche Gruppe, der eigenen Pfarrei gegenüber loyal. Zugleich stehen sie kritisch zur kirchlichen Leitung und deren Politik, zum Beispiel bezüglich der Stellung der Frauen, der Gestaltung des kirchlichen Amtes und der Ernennung von Bischöfen. Aber sie sind auch realistisch im Bezug auf ihre eigenen Möglichkeiten. Sie hegen keine übertriebene Hoffnung hinsichtlich eines starken kirchlichen Aufblühens. Sie sorgen lieber für gute Qualität in ihrer eigenen Situation, d.h. sie engagieren sich für gute Gottesdienste, für eine schöne eigene Kirche, für ein nettes Auftreten und für einen vorsichtigen Schritt daraufhin, andere (wieder) mit zu engagieren. (Was Neuerungen anbelangt, gibt es die nötige Skepsis: Wer muss aktiv werden, und was bringt es?)

6. Die Anzahl von Freiwilligen, welche in Wochenendgottesdiensten tätig geworden sind – gemeint sind Wort- und Kommunion- feiern, hat stark zugenommen.

In vielen Pfarreien, in denen eine offene Politik geführt wird, wurden Arbeitsgruppen gegründet, welche mit oder ohne Begleitung und Training gemeinsam die Verantwortung tragen für monatliche oder vierzehntägliche Wort- oder Kommunionfeiern am Wochenende, bei welchen der Priestervorsteher nicht anwesend ist oder bei welchen gerade in Anwesenheit des Priesters an einer zunehmenden Verantwortlichkeit von Laien in der Liturgie gearbeitet wird. An gewissen Orten geschieht dies im Hinblick auf einen immer grösser werdenden Priestermangel, aber man betrachtet diese Arbeit zugleich als eine ganz eigene Möglichkeit und Chance, um Gläubige aktiv zu Leitenden in den örtlichen Glaubensgemeinschaften heranzubilden. Dabei fallen gewisse Entwicklungen auf: Intensiveres aktives Glaubenserleben lädt Pfarreiangehörige ein, selber Verantwortung zu übernehmen, im Dienst für andere; sie fühlen sich eingeladen, berufen, ihren Mitpfarreiangehörigen vorzustehen in Besinnung, Verkündigung, Gebet und Mahlfeier; Laienvorstehende fühlen sich ganz als Pfarreiangehörige und wissen, dass sie anderen auf gleicher Ebene einen Dienst erweisen können. Es geht da um ein grosses Engagement, um grossen Respekt und um eine grosse Bereitschaft, sich schulen zu lassen. Man fühlt sich in zunehmendem Masse getragen durch die lokale Gemeinschaft, und es fällt auf, dass manche aus der Pfarrei stammende Vorstehende ausdrücklich Anerkennung erhalten nach Ablauf des Gottesdienstes. Die Einsicht wächst, dass man nicht allein mit seiner Verantwortung umgehen muss, sondern von der örtlichen Gemeinschaft getragen wird und im Besonderen als Mitglied der lokalen Arbeitsgruppe dem Gottesdienst in Besinnung und Gebet vorsteht. Schlussfolgerung: Pfarreiangehörige wachsen in ihrer Verantwortlichkeit für den eigenen Glauben und stellen sich in den Dienst für andere; sie fühlen sich getragen durch ihre Mitchristen. Sie gehören zu ihnen, sind ihresgleichen.

7. Die Wort- und Kommunionfeiern werden im Allgemeinen erlebt als eine andere, eigene Form von Eucharistie.

In gewissen Pfarreien versucht man, eigene Formen zu entwickeln, die sich deutlich unterscheiden von Eucharistiefeiern unter der Leitung eines Priesters. In andern Pfarreien entdeckt man in der Gestaltung des Gottesdienstes fast keinen Unterschied mehr zur Eucharistie. Der Mahlgottesdienst gleicht dem eucharistischen Gebet sogar stark. Im Allgemeinen liegt das Erleben dieser Gottesdienste unter der Leitung von Pfarreiangehörigen nahe beim Erleben von Eucharistie. Vielleicht ist die Kommunionfeier gar das zentralste Moment für fast alle Kirchgängerinnen. Das finde ich nicht so sehr besorgniserregend –wie es manche in der Kirchenleitung und manche Bischöfe finden. Ich finde es überraschend, dass eine lokale Glaubensgemeinschaft im Glauben daran gewachsen ist, dass man zusammenkommen darf, um das Gedächtnis Jesu gegenwartsbezogen unter der Leitung von Mitgliedern der eigenen Gemeinschaft zu feiern. Eine Anekdote erzählt das Folgende: An einem Sonntagmorgen in der Ferienzeit kommt ein auswärtiges Ehepaar in die Kirche. Zu ihrem Erschrecken entdecken die beiden, dass eine Wortund Kommunionfeier unter Leitung von Pfarreiangehörigen abgehalten werden soll. Sie wollen gerade aufstehen, um wieder zu verreisen, als die Glocke erklingt und ein Grüppchen von Vorsteherinnen und Vorstehern hereinkommen, alle in ihren liturgischen Gebetsmänteln. Oh, denken die Touristen, also doch eine Eucharistiefeier. Es wird ein lebendiger Gottesdienst, und die beiden Auswärtigen schätzen es, dass sie zur Kommunion gehen können. Nach dem Gottesdienst hören sie von den Pfarreiangehörigen, dass es doch wieder ein schöner Gottesdienst unter Leitung von Pfarreiangehörigen gewesen sei. Die Gäste spüren einen kleinen Moment lang ein Zögern, sagen aber danach zu einander: Wir haben eine schöne Feier gehabt!

8. Diese Entwicklungen und vor allem die Zunahme der Verantwortlichkeit von Pfarreiangehörigen spielen sich ab im Kontext einer Kirchenpolitik, die sich gerade davon entfernt, ja sich sogar widersetzt.

In allen Bistümern richtet sich die Politik auf Vergrösserung bzw. Zusammenlegung von Pfarreien, auf die Schaffung von Pastoralräumen, und dies aus verschiedenen Gründen: Finanzen, Priestermangel, einfachere Rahmenbedingungen für die Lenkbarkeit, grössere Fachkompetenz innerhalb eines grösseren Rahmens.  Die Personalpolitik richtet sich stets mehr darauf, dass für ein grösseres Ganzes mindestens ein Priester zur Verfügung steht, und zwar so, dass in jeder Pfarrei an jedem Sonntag die Eucharistie unter der Leitung eines geweihten Priesters stattfinden kann. Schaffung von Pastoralräumen, Fusionen, Zentralisierung sind an sich gut verständliche Phänomene. Die nüchternen Fakten des Rückgangs bei der Anzahl von Kirchenbesuchern, der Finanzen usw. führen zu einschneidenden Massnahmen, so schmerzlich diese auch sind. Diese Entwicklungen stehen nicht isoliert da, sondern sind wiederum Teil viel breiterer gesellschaftlicher Entwicklungen, von Vergrösserungen, Fusionen, des Zusammenzugs finanzieller Quellen und des Einsatzes von Fachkompetenz. Aber es ist mehr los: In den letzten 30 Jahren entwickelten sich neben den universitären Theologieausbildungen eigene diözesane Initiativen für die Werbung und Ausbildung von Priestern und Diakonen. Im Allgemeinen herrscht der Eindruck, dass die neue Priestergeneration, welche diese Ausbildungen absolviert hat, ziemlich traditionell geschult daherkommt, eine persönliche Bindung zum Bischof hat und den Sakramenten, insbesondere der Eucharistie, grosse Beachtung schenkt. Hinzu kommt das Faktum, dass sich die Bischöfe in den letzten Jahren unter etlichem Aufwand für striktere Regelungen stark gemacht haben, welche sich vor allem auf die Form und die Gestaltung der Eucharistie beziehen. Die Bischöfe haben grosse Angst vor der Entwicklung von Wort- und Kommunionfeiern in verschiedenen Pfarreien – sie könnten ja der Eucharistiefeier viel zu ähnlich werden. Einige Bischöfe, und vor allem einige konservative Priester, sind negativ eingestellt gegenüber der wachsenden Bedeutung von Laien in den lokalen Gemeinschaften. Sie sind vor allem in Sorge um eine Kirche, welche doch die Sendung habe, der Tradition im universalen Rahmen treu zu bleiben. Und das wirkt sich sowohl auf die Position der Pastoralassistentinnen und -assistenten wie auch auf diejenige von Pfarreiangehörigen aus.

9. Die Entfremdung zwischen Kirchenleitung und aktiv engagierten Gläubigen nimmt zu.

Neue Pastoralräume oder die Fusion mehrerer Pfarreien haben manchmal zur Folge, dass der eigene kirchliche Ort (wo man beheimatet ist) verschwindet. Von Gläubigen wird erwartet, dass sie in eine andere Pfarrkirche gehen, in der sie sich dann wie Fremde fühlen und die Atmosphäre einer warmen, nahen Gemeinschaft vermissen. Die Menschen fangen an, sich innerlich oder auch äusserlich zu verabschieden oder sie sind mal da, mal dort. Die Ernennung eines traditionellen Pfarrers hat an verschiedenen Orten weit reichende Folgen: Gläubige Freiwillige fühlen sich nicht ernst genommen, geschweige denn in ihrer eigenen Verantwortlichkeit anerkannt. Ein Freiwilliger sagte es so: „Seit dem Amtsantritt des neuen Bischofs und den Seinen weht ein ganz anderer Wind. Ein eiskalter Wind, der bis zu den Knochen durchdringt. Das Herz bleibt draussen.“ Es existiert keine einzige Form von Kommunikation, oder aber es müsste jene Kommunikation sein, über welche der Bischof oft redet: die Einbahnstrasse Bischof – Pfarreien – Pfarreiangehörige. Es gilt eine andere Doktrin: Zurück nach ehedem! Der Buchstabe des Gesetzes ist viel wichtiger als der Geist, der daraus spricht. Der Platz des Priesters wird ängstlich abgegrenzt und allmählich immer mehr ausgeweitet auf Kosten der Pastoralassistent/innen und Mitglieder der Liturgiegruppen in den Pfarreien. Diese werden immer weiter in die Enge getrieben und in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. Dieser Prozess der Restauration und des Zurückdrängens mündiger Freiwilliger kann auch ein schleichender Prozess sein: Es sind jedes Mal kleine Veränderungen, durch welche schliesslich das alte Regime wiederhergestellt wird. Manchmal lässt einen ein neu berufener Pfarrer ausdrücklich spüren, dass er die vorher-gehende Periode der Aktivierung und Bildung von Freiwilligengruppen nicht wichtig findet, ja sogar ablehnt.

„Woran wir während vielen Jahren mit Leib und Seele gearbeitet haben, wird ohne Rücksprache zur Seite geschoben. Am Schlimmsten ist das Fehlen von Respekt für eine andere Art und Weise des Glaubens… Gott ist wieder im Tabernakel eingeschlossen und nur die römisch-katholische Kirche, vor allem die Priester, haben einen Schlüssel. Von uns Laien wird Dienstbarkeit und Gehorsam erwartet“. Dies die Aussage eines Freiwilligen, welcher während Jahren eine Arbeitsgruppe Wort- und Kommunionfeiern leitete. Indem Priester angestellt werden für ein grosses Gebiet mit mehreren Pfarreien, wächst das Risiko, dass sie Passanten werden, die keinen wirklichen Kontakt mehr haben zu den Gläubigen an der Basis der lokalen Glaubensgemeinschaften. Weil der Akzent so stark auf die Verantwortlichkeit und die Autorität des geweihten Vorstehers gelegt wird, nimmt auch die Gefahr zu, dass Gläubige immer mehr abhängig gemacht werden von jenem einen Priester, der alles zu sagen hat. Es kann sogar allmählich der Eindruck entstehen, Pfarreiangehörig hätten in den Augen eines Priesters nichts zu verstehen vom Teilen und Feiern des Glaubens in der lokalen Gemeinschaft. Menschen fühlen sich wieder abhängig gemacht von dem, was der Pfarrer zu sagen hat. Überdies sind ihre Dienste nicht mehr notwendig: „Ich kann es allein“, sagen kurz und bündig einige neu geweihte Priester.

10. Besorgniserregend finde ich die Tatsache dass das innerkirchlichen Geschehen derart akzentuiert wird. Wie wichtig es auch sein mag, aber es ist kaum noch irgendwelches Interesse da für die Entwicklung der Seelsorge und für den Dienst in der Gesellschaft. Das macht auch den Widerstand, die Reaktion auf die Kirchenpolitik manchmal so verwundbar und schwach: Menschen sind so abhängig gemacht von dem, was am Sonntag in der Kirche geschieht, dass man fast „keinen Ort mehr hat, nirgends“ mehr ist, wenn gerade das Innerkirchliche angetastet und abgebrochen wird. Das, was so kostbar ist im Erleben der Gläubigen, nämlich die Wochenendliturgie, wird angetastet – und damit das Herz!

Freiwillige reagieren in meiner Wahrnehmung auf fünf verschiedene Arten. In einer Untersuchung, welche meine Frau und ich in den vergangenen zwei Jahren durchgeführthaben, zeigen sich die folgenden Reaktionen:

  • Man verharrt in konsequentem Widerstand gegen die Person des Priester-Pfarrers und seine Politik
  • ein Kämpfen mit den Absätzen im Sand; dieses führt zu vielen Frustrationen, weil kein Nutzen damit zu erzielen ist.
  • Man bleibt gefangen in Heimweh, einem Zurückverlangen nach der vergangenen Zeit, in der alles so gut ging. Heimweh kann erstickend und blockierend wirken im Bezug auf mögliche neue Energie.
  • Man trifft nach einiger Zeit eine einschneidende Entscheidung: Man geht auf Distanz, hakt ab, weil sonst die Gesundheit leidet. Man sucht eine offene Zukunft, ohne zu wissen, wo sie sein wird. Interessant finde ich, dass einige dieser Freiwilligen unterdessen ein anderes Einsatzfeld gefunden haben: Man wird als Freiwilliger aktiv in einer andern Freiwilligenorganisation wie Hospiz, Begegnungsarbeit mit Migrant/innen, Friedensbewegung, u.a.m.
  • Die vierte Reaktion ist die bewusste Entscheidung für eine selbständige, unabhängige Positionierung. Man wählt als Gruppe einen eigenen Weg, man verlässt als Gruppe die Pfarrei, oder anders gesagt: Die lokale Glaubensgemeinschaft nimmt einen eigenen Platz ein neben der formellen Pfarrei, ohne dass man allerdings das Band mit der breiteren Glaubensgemeinschaft zerschneidet.
  • Die fünfte Reaktion schliesslich beginnt mit der nüchternen, realistischen Feststellung: So ist nun mal die Realität, nicht anders; nehmen wir die Tatsachen ernst, wie negativ sie auch immer sind. Vielleicht verlangt die heutige Entwicklung von uns, dass wir – sicher vorläufig – versuchen, die

Nacht auszuhalten. Nicht passiv, als ob wir einzig bessere Zeiten abwarten würden. Die Nacht aushalten bedeutet, Wache halten, miteinander wach bleiben, um zu sehen, ob vielleicht neue Zeichen auftreten. Interessant ist, dass sich die jüngere Generation innerhalb dieser Entwicklungen auf ganz eigene Art und Weise verhält. Darauf komme ich später ausführlicherzurück. Die Broschüre der niederländischen Dominikaner versucht, eine Zwischenlösung, einen Mittelweg zu finden inmitten der kirchlichen Entwicklungen rund um das Amt. Die Autoren der Broschüre gehen davon aus, dass sich viele Pfarreien als lokale Glaubensgemeinschaften in einer verwundbaren Position arrangiert haben. Einerseits ist ein aktives Engagement gewachsen, das die Gläubigen befähigt, soweit als möglich eigene Wege zu gehen in der Gestaltung und Leitung der Wochenendliturgie. Anderseits gibt es die Politik der Bistümer: Der Sonntags-gottesdienst muss eine Eucharistiefeier sein, der ein Priester vorsteht, woher er auch immer kommen mag. Dieser muss sich an alle kirchlichen Vorschriften halten. Ist kein Priester verfügbar, dann ist eine Feier mit Wort und Gebet möglich. Vor allem darf sie in keiner Weise etwas gemein haben mit der Eucharistiefeier. Pfarreiangehörige werden hin und her geschlingert. Einerseits trauen sie von Herzen den entstandenen Entwicklungen, um selbst Verantwortung zu übernehmen; anderseits spüren sie eine gewisse Loyalität zum Bistum und zur Weltkirche. Sie möchten so gerne auf erwachsene Art und Weise gläubig sein, fühlen sich aber darin durch die kirchliche Politik nicht länger unterstützt. Die Dominikaner haben verschiedenen Pfarreien die folgende Frage gestellt: Was wünschtet ihr euch für die Zukunft? Die Pfarreien antworten oft: Wir wollen unsern eigenen Weg gehen. Damit meinen sie nicht unkontrollierte Zügellosigkeit, sondern eigene Verantwortlichkeit, damit sie in der ihnen eigenen, aufrichtigen Glaubensüberzeugung tun können, wovon sie zutiefst überzeugt sind. Darum sagen die dominikanischen Autoren der Studie: Pfarreiangehörige verlangen nach einer wöchentlichen Eucharistie, die beim Fehlen eines Priesters durch Vorsteherinnen und Vorsteher aus der lokalen Glaubensgemeinschaft geleitet werden soll. Das heisst: Vorsteher bei den Eucharistiefeiern müssen prinzipiell von der Gemeinde selbst gewählt werden, das heisst: von unten. Und zugleich verlangen diese Pfarreien eine Bestätigung, einen Segen oder eine Weihe von der kirchlichen Autorität: Der Bischof wird ernst genommen als derjenige, welcher das, was von unten gewachsen ist, bestätigt und bekräftigt. Man strebt also nach einem Ritual, d.h. die Glaubensgemeinschaft frägt den Bischof an und schlägt ihm vor, die Leute, die sie selber gewählt haben – Männer und Frauen – zu Vorsteherinnen und Vorstehern zu weihen, dieses Ritual zu vollziehen. Es geht in diesem Wunsch um ein Zusammenspiel von Unten und Oben: Die Gemeinschaft schlägt vor, und der Bischof prüft aus der apostolischen Tradition heraus, er segnet und bestätigt, er drückt sein Siegel auf. Es heisst also keinesfalls, dass man die kirchliche Autorität und die apostolische Tradition nicht anerkennen würde. Im Gegenteil: Man möchte diese Autorität gerne stärker in die Glaubensgemeinschaft einbeziehen und so auch mehr respektieren als bisher. Die Broschüre beschreibt hiermit die Konsequenz dessen, was (der bekannte Konzilstheologe) Edward Schillebeeckx schon vor Jahren forderte: Jede lokale Glaubensgemeinschaft hat Anrecht auf die Eucharistie.  In der Broschüre wird Folgendes besonders betont: Man wünscht, dass die Einsetzungsworte bei der Eucharistie gemeinsam, durch den Vorsteher/die Vorsteherin und durch die Gemeinde (als der Basis und dem Herkunftsort, dem „Heimatort“ des Vorstehers oder der Vorsteherin) gesprochen werden. Das Aussprechen dieser Worte ist kein exklusives Recht oder keine exklusive Macht des Priesters, findet man. Dann nämlich würden ein solches Recht und eine solche Macht fast einen magischen Charakter erhalten Diesen Worten jedoch haftet nichts Magisches an. Sie sind die bewusste Glaubensaussage der ganzen Gemeinde, welche ihre Stimme dem Vorsteher oder der Vorsteherin leiht. Die Aufgabe und das Amt des Vor stehers oder der Vorsteherin werden in dieser Zukunftsvision fundamental beim Volk Gottes gesehen – aus der Gemeinde, für die Gemeinde. Hervorgetreten aus der Gemeinde und noch immer Mitglied der Gemeinde, erhält er oder sie von dieser Gemeinde „Autorität“. „Er“ / „sie“ hat etwas zu sagen und muss es dann auch tun, wenn sein / ihr Amt Sinn haben soll. Es ist nicht so, dass der Vorsteher oder die Vorsteherin durch die Bestätigung und Weihe ermächtigt wird, zu tun, was andere nicht tun könnten. Wohl ist es ein bestimmter Dienst (lieber als Macht), welcher, auf Vermittlung des Bischofs, durch die Gemeinde dem Vorsteher/ der Vorsteherin übertragen wird, damit er / sie „tue“ – für alle und im Namen aller. Der Vorsteher/die Vorsteherin wird dann gewissermassen durch die Gemeinde für einen Augenblick über sich selbst hinaus gehoben. Sie oder er tritt gewissermassen für einen Moment zurück, um Verkörperung, Hand und Stimme der gläubigen Gemeinde zu werden. Das geschieht aber nicht „unter Ausschluss von“, sondern „unter Einbezug von euch, dank euch und im Namen von euch“. Die Broschüre befürwortet also einen flexiblen Mittelweg, auf dem man sowohl dem Platz der Gläubigen innerhalb der lokalen Gemeinschaft als auch der kirchlichen Tradition gerecht wird, welche Menschen in einen viel grösseren Glaubenszusammenhang einfügt als jenen der lokalen Gemeinschaft. Was durch die Politik der heutigen Kirchenleitung noch immer als eine Bedrohung und Unterminierung des geweihten Amtes aufgefasst wird, wird durch die aktiven „Laien“ in vielen lokalen Gemeinschaften als eine Bestätigung erfahren. Insofern ist es auch eine Herausforderung. In dem Masse, wie sie sich deutlicher bewusst werden, dass sie in einer alten kirchlichen Tradition stehen, welche durch das Zweite Vatikanische Konzil wiederum honoriert wurde, werden sie auch unbefangener fungieren können. Die eigene gläubige Kreativität wird durch die Ermutigung des Bischofs möglicherweise zusätzlich inspiriert werden. Den Pfarreiangehörigen, welche anfangs Mühe haben mit Mitpfarrei-angehörigen als Vorsteherinnen oder Vorstehern, wird durch die Autorität der Bischöfe geholfen, sich im Rahmen dieser Entwicklung leichter der lokalen Gemeinschaft anzuschliessen. Die Autoren der Broschüre befürworten nachdrücklich, dass die kirchlichen Gemeinden, die Pfarreien, in der heutigen Notsituation des Mangels an geweihten zölibatären Priestern, kreativ die theologisch verantwortete Freiheit übernehmen – und erhalten - , um aus ihrer Mitte ihre eigenen Vorstehenden beziehungsweise das Team ihrer Vorstehenden zu wählen. Auf Grund der Vorrangsstellung des „Volkes Gottes“ über der Hierarchie – ausdrücklich so benannt während des Zweiten Vatikanischen Konzils – darf vom Diözesanbischof erwartet werden, dass er diese Wahl nach guter Rücksprache durch seine Handauflegung bestätigt.

Und dann kommt nach meinem Eindruck der (für die Bischöfe) bedrohlichste Satz in der Broschüre:

Sollte der Bischof die Weihe oder Ordination verweigern – auf Grund von Argumenten, welche gemäss den Autoren nicht das Wesen der Eucharistie betreffen, sondern zum Beispiel die Zölibatsverpflichtung, dann dürfen die Pfarreien darauf vertrauen, dass sie trotzdem authentisch und wahrhaftig Eucharistie feiern, wenn sie betend Brot und Wein teilen. Die Autoren stehen mit andern Worten dafür ein, dass Pfarreien in dieser Angelegenheit mit Selbstvertrauen und Mut handeln werden. In ähnlichen Situationen können Pfarreien das Vorgehen einander gegenseitig bestätigen und es wo nötig korrigieren. Es ist zu hoffen, dass die Bischöfe künftig ihren Auftrag zum Dienen in die Tat umsetzen und nachträglich die lokalen Vorsteherinnen oder Vorsteher in ihrem Amt bestätigen. Die vier Dominikaner sagen schlussendlich, dass ihr Plädoyer auf Aussagen des II. Vatikanischen Konzils gründet und auf den vielen durch das Konzil ausgelösten theologischen Beiträgen. Dabei muss man vor allem an Edward Schillebeeckx denken, der einmal sagte: Jede Glaubensgemeinschaft hat das Recht auf Eucharistie. Mit dieser Broschüre treffen die Autoren einen fundamentalen Entscheid in einem jahrhundertealten Konflikt: Ihr Amt wächst und findet Bestätigung von unten gegenüber der immer noch gültigen Überzeugung des Lehramtes, dass das Amt prinzipiell, durch den Geist getrieben, von oben gegeben werde.

Reaktion in den Niederlanden

Praktisch direkt nach Erscheinen der Broschüre ging ein Brief der niederländischen Bischöfe nach Rom, ans Departement der Glaubenslehre und an den General der Dominikaner. Es ist mir nicht genau bekannt, was in Rom danach geschah. Wurde das Generalat der Dominikaner unter grossen Druck gesetzt, um die Streuung der Broschüre und vor allem die öffentliche Diskussion darüber zu verbieten? Auf jeden Fall hat die Broschüre bei den Bischöfen ziemlich Unheil gestiftet, weil sie ohne ihr Mitwissen und gewiss ohne ihre Zustimmung in die Pfarreien geschickt wurde. In einem späteren Brief haben die niederländischen Bischöfe die Broschüre aus formellen Gründen als „ausserkirchlich“ abgestempelt. Schliesslich wurde der Dominikanerprovinz verboten, eine offene theologische und pastorale Debatte zu organisieren. Die Leitung der Dominikaner hielt sich an dieses Verbot.  Aber glücklicherweise wurde die Initiative zu einem öffentlichen Gespräch über die Broschüre ziemlich schnell durch die Dominicuskirche und die Studentenecclesia in Amsterdam übernommen. Am 10. November 2007 trafen sich 500 Gläubige aus dem ganzen Land, um sich zu beraten. Es kam zu einer offenen Konferenz, ohne grosse Worte der Ablehnung betreffend die bischöfliche Politik. Viel mehr wurde das Ganze eine Suchbewegung: Wie gehen wir mit dieser Broschüre auf eine kreative Art und Weise um? Dabei hatten auch kritische Bemerkungen zur Broschüre selbst Platz, z.B.: Wurde genügend nachgedacht über die Verbindung mit der kirchlichen Tradition, vor allem über die Bedeutung der Weihe?

Was ergab die Konferenz vom 10. November in Amsterdam?

Eine meines Erachtens wichtige Entwicklung nach Erscheinen der Broschüre liegt im Folgenden: So wesentlich und fundamental die theologische Diskussion über Kirche und Amt auch ist – verlieren wir uns dennoch nicht in eine isolierte Diskussion, als ob es sich in dieser Kirche nur noch um das Amt handeln würde. Vielleicht können wir einander mindestens so gut weiter helfen, indem wir Ausschau halten nach allerlei schöpferischen Initiativen in lokalen Glaubensgemeinschaften, die nicht nur auf die wöchentliche Eucharistie (und Wort- und Kommunionfeier) angewiesen sind. An der Konferenz wurden gewisse Fragen behandelt, die meiner Meinung nach von grosser Wichtigkeit sind für die Zukunft der lokalen Glaubensgemeinschaften:  Wie können Pfarreien vitale Glaubensgemeinschaften in einer priesterlosen Kirche bleiben, wo Pastoralräume geschaffen werden und Fusionen stattfinden?

  • Wie vermeiden wir, dass wir uns in eine uferlose Diskussion über das kirchliche Amt verlieren, welche viel von unser Energie auffrisst?
  • Wie können wir einander auf verschiedenen Ebenen von Kirche so gut wie möglich unterstützen und neuen Initiativen viel Raum geben?

Mit andern Worten: Können wir an einem möglichst starken Netzwerk arbeiten und dabei auf andere (lokale) Initiativen verweisen und diese unterstützen? Man gab bei jener Konferenz vom 10. November nicht nur dem Schmerz von Gläubigen, die sich der kirchlichen Politik immer stärker entfremdet fühlen, eine Stimme. Nachdrücklich befürwortete man Möglichkeiten, um bei den Bischöfen auf Anerkennung und Bestätigung der Amtsentwicklung von unten zu insistieren. Gewisse Pfarreien sagen dazu: Was die Broschüre anzuregen versucht, machen wir de facto schon seit langem. Uns fehlt nur die Bestätigung des Bischofs. Zugleich wurde aber in mehreren Tonarten die Stimme von Anwesenden gehört, welche sich auf mehr als nur die Amtsfrage allein besinnen möchten: Wir wollen uns nicht in einer schmalen innerkirchlichen Diskussion verlieren. Es geht uns viel mehr um Folgendes: Wir tun gut daran, viel Energie in verschiedene Formen der Glaubensvertiefung zu stecken, ins Suchen nach Antworten auf die Sinnfragen dieser Zeit und vor allem auf die Frage: Wer sind wir als Kirche in einer Gesellschaft, welche nach Wegen der Gerechtigkeit sucht, nach Wegen der Solidarität mit Chancenlosen, mit in die Armut Getriebenen, mit Menschen ohne Stimme? Wichtig finde ich, dass die Konferenz das Verlangen äusserte nach einer weiter- gehenden Besinnung, nicht im Stil einer Grossorganisation wie es seinerzeit die 8.-Mai-Bewegung war, die sich vor allem in beachtlichen landesweiten Manifestationen kund tat. Man sucht nach neuen regionalen Zusammenschlüssen und Netzwerken zur Unterstützung und Verstärkung dessen, was vor Ort entwickelt werden kann. Wie können wir einander helfen, um unser Engagement in unserer lokalen Glaubensgemeinschaft zu verstärken und zu ergänzen? Wie können wir wachsen in freiem und schöpferischem Handeln? Was können wir von einander lernen? Und vielleicht stärkt es uns, wenn wir Energie in das Entwickeln neuer und alternativer Formen der Liturgie stecken. Vielleicht gewinnen wir dadurch auch Freiraum und sind weniger belastet durch innerkirchliches Hickhack. Neben den Sakramenten, die derart verreglementiert sind, gehört noch so vieles mehr zur Kirche und wir sollen uns nicht stören an Regeln und Gesetzen, die sich alle auf die traditionellen Sakramente der Kirche beziehen. Mit andern Worten: Wie gehen wir unsern eigenen Weg? Es geht um Fragen wie die folgenden: Wie finden wir in unserer Mitte Menschen, die wachsen können in einem gläubigen Leitungsamt? Was brauchen wir dazu an Bildung, Ausbildung, Bestätigung und Unterstützung? Welche Menschen werden in ihrem Leitungsamt anerkannt? Wie sorgen wir dafür, dass sich nicht alle Aufmerksamkeit auf den Einsatz für die Wochenendliturgie beschränkt? Eine interessante Entwicklung bildet in gewissen Pfarreien die theologische und pastorale Reflexion, die von der Basis aus geht. Menschen denken zusammen nach über eine Art „Pfarreikodex“ (Pfarreileitbild) oder über „Zehn Gebote“, „Zehn Worte“ für die Pfarrei. Darin wird konkret beschrieben, wie das Amt getragen werden muss durch eine breite Gemeinschaft, und es wird betont, wie wichtig Offenheit, Gastfreundschaft und Kreativität sind, in der Liturgie und im Vorstehen, Aufmerksamkeit für die Ökumene, und vor allem für den Platz der lokalen Kirche in der Gesellschaft: Wer sind wir in diesem gesellschaftlichen Kontext? Ein Beispiel dazu finden Sie in der Beilage der Zehn Worte der Pfarrei Sint Maartensdijk.

Sehr einschneidend - gerade aufgrund der Konferenz vom 10. November - wird in zunehmendem Masse die folgende Frage sein: Wie sieht die Zukunft unserer Kirche aus, wenn wir darauf achten, wo Vertreter einer jüngeren Generation stehen?

Die Vorsteherin der Dominicusgemeinde in Amsterdam sagt: „Die Menschen unter 40 Jahren sind in unserem Kreis nicht schlecht vertreten, aber es geht hier nicht um die Gruppe, welche die Kirche trägt. Vielleicht muss ich sagen: Noch nicht. Dazu braucht es vielleicht von der älteren Generation, die sich mit dem bisherigen Kirchentyp voller Macht und Dogmen auseinandergesetzt hat, ein gewisses Loslassen. Die jüngere Generation ist nicht interessiert an Diskussionen über Kirche und Amt. Ihr Mitmachen ist oft von kurzer Dauer, auf zeitlich beschränkte Projekte ausgerichtet, und oft zum Nutzen der eigenen, aufwachsenden Kinder. „Die Bindung der jüngeren Generationen an die Kirche ist anders: Sie ist nicht mehr das zweite Zuhause, das soziale Fangnetz. Jüngere Generationen tragen, wie die soziologische Forschung belegt, die Spuren der Fernsehkultur in sich, in der man selber bestimmt, was angeschaut wird, in der man weglaufen und wegzappen kann, in der das Bild manchmal wichtiger ist als das Wort, in der Tempo und Abwechslung den Ton angeben.“ Die jüngeren Generationen kennen „den Kampf dagegen“ nicht mehr. So wie bei uns in der Dominicus-Kirche das Amtspapier der Dominikaner mit seinem Augenmerk auf der Rolle der Laien höchstens bei den älteren Leuten auf Interesse stösst, so gibt es auch keine jüngeren Leute, die die heutigen Vorsteherinnen und Vorsteher in unserer Dominicuskirche fragen: „Warum Du, und ich nicht?“ Diese Reaktion der jüngeren Generation ist eine deutliche Warnung: Verlieren wir uns als Ältere nicht im Kampf um das, was wir errungen haben, sondern geben wir neuen, gegenwartsbezogenen Antworten Raum. Eine der Reaktionen in unserer Untersuchung sieht so aus: Die Eltern zweier aufwachsender Kinder leiden stark an den Entwicklungen in der Pfarrei, in welcher der Pfarrer viele neue Initiativen zurückbindet und eine starke Restauration durchführt. Die Eltern sprechen oft am Tisch über ihren Verdruss. Die Kinder haben allmählich genug davon und sagen: „Warum redet ihr immer wieder über diese widerwärtige Kirche? Wir sehen euch nie mehr froh und glücklich. Hört doch auf mit dieser Kirche. Wir sind auch noch da!“

Schlussfolgerung

Die Politik der Bischöfe ist stark auf die Bewahrung der innerkirchlichen Struktur ausgerichet, in welcher Weiheamt und Eucharistie zentral sind. Das Amt mündet theologisch immer deutlicher in einer beengenden Vision eines vertikalen Weitervermittelns der Glaubenstradition, wie dies im Verständnis der Bischöfe fundamental ist – manchmal mit recht grossem Abstand zur Richtung des VatikanumII. Kirche und Seelsorge werden beherrscht durch Regeln und Gesetze, wobei man sich für Distanz von der Gesellschaft entscheidet – auch wenn mit Nachdruck immer wieder geredet wird von einer missionarischen Sendung. Viele Freiwillige und vor allem ältere Seelsorger wollen an einer Art mündigem Christentum arbeiten, wo jeder und jede Gläubige seinen bzw. ihren Platz hat und seine bzw. ihre Verantwortlichkeiten. Der Unterschied zwischen Mann und Frau interessiert nicht. Es gibt faktisch in der Praxis wenige oder keine theologischen Unterschiede zwischen Priestern und Pastoralassistent/ innen. Das Team ist wichtig, in dem zugleich die Verantwortlichkeit der „Laien“ immer mehr zugenommen hat – was nicht einfach ergänzend oder als ein Löcher Stopfen zu verstehen ist. Von gewissen Glaubensgemeinschaften wird viel Kreativität verlangt für die Entwicklung neuer Formen und Inhalte in der Liturgie. Wir können mehr eingeben in ein stabiles Netzwerk, in dem es um das Signalisieren neuer Möglichkeiten geht. Wir können verweisen und weitergeben und auf diese Weise unterwegs unsere Glaubenskraft vergrössern. Wir arbeiten auf diese Weise an Formen von Kirche-Sein, welche mehr beinhalten als nur Liturgie. Wir brauchen die Diskussion über das kirchliche Amt nicht zu verlassen, aber vielleicht lernen wir, mit den Fragen von gegenwartsbezogenem Kirche-Sein noch besser umzugehen. Und wir bleiben bei unserer Überzeugung: Was von unten her wächst, im Glauben, ist der Mühe wert.

Gerard Zuidberg

Dr. Gerard Zuidberg ist emeritus Pfarrer in Utrecht, Niederlanden. Vorstehenden Text hat er ausgesprochen bei der Tagung Verkündigungsauftrag statt Predigtverbot, Was erwartet die Gemeinde? Was erwarten die Seelsorgenden? am  5. Oktober 2008 in Luzern, Schweiz. (Sehe www.luzerner-manifest.ch.) 

Übersetzung: Peter Spinatsch, Elisabeth Ammann.

Reacties

1. Uw bisschoppen zullen de komende 25 jaar niets doen, laten, enz. wat niet door de bestuurscentrale te Rome wordt bevolen, toegestaan, gestimuleerd, maar nooit oogluikend wordt toegestaan. 2. Het aantal uitnodigingen, pogingen, enz. tot dialoog met de bisschopskaste en hun dienaren is legio geweest de afgelopen 25 jaar. Laat de Heren nu zelf het initiatief nemen en ga niets uit de weg. 3. Mensen die werkelijk geloven in de essenties van het christendom - hoop en liefde - hebben geen reglementen, verordeningen, geboden en verboden nodig, laat staan klerikale dwingelanden. 4. Doe in kerk, zaal, huiskamer, enz. met gelijkgestemden wat je inspireert en goed dunkt. Geniet van oude tradities, vormen en gezangen, creeer nieuwe vormen van getuigen, zorgen, vieren en werken. 5. Gun de paus en zijn grondpersoneel de eeuwige rust en laat die nu alvast maar ingaan, val ze niet langer lastig.
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